Zeitung

HPF23 Liedgut 66 News Webseite

Feb 07, 2025 Label

Liedgut – Folge 66

Liedgut ist eine Küche für Begegnungen – mit Musik, Gesprächen und Ideen. In der 66. Folge blicken w …

HPF25 kinderticket News Webseite

Jan 23, 2025 Festival

Kindertickets 2025 (NEU: frei bis 13 Jahre)*

*(Gilt in Begleitung von Erziehungsberechtigten)Liebe Leute, für das kommende Haldern Pop Festival h …

HPF25 Liedgut 65 News Webseite

Jan 03, 2025

Liedgut – Folge 65

Liedgut ist wie ein Korken, der mit einem leisen Knall die Türen zum neuen Jahr aufstößt. In unserer …

News Trailer 01 2025 titel NEU 1040x520

Jan 01, 2025

Frohes neues Jahr.

Hier unser Festival Trailer 2025 Nummer 1 In der Küche brennt noch Licht.A Light is still on in the …

DE / EN

von Stefan Reichmann

10 Eier und ein guter Morgen

10 Eier und ein guter Morgen
Editorial datt blatt 2023

Haldern
Eigentlich wollte ein guter Freund andere gute Freunde in den Urlaub verabschieden, aber sie waren bereits aufgebrochen. 10 frisch gelegte Eier hatten ihr Ziel verfehlt. Es wird sich finden, auch warum John Fogerty am 1. Dezember auf der Loreley ein Open Air Konzert geben soll.

Die Sommerferien reißen Lücken ins Dorf, unterbrechen den Alltag, weil sie die andere Welt besuchen, mal Abstand brauchen, um sich so nah wie möglich zu kommen, um loszulassen. Dieses gerupfte Haldern formiert sich traditionell Anfang Juli zu einem grünen Ganzen der Gebliebenen und Heimkehrer. Man schießt, trinkt und Haldern läuft rund und über, der Fleiß verlässt das Bett der dörflichen Tugend. Schützenfest.

Diese geistige Unordnung geht einmal im Jahr zur Theke und dann laufen wir wieder fort in die Städte und Gegenden oder bleiben da, aufgeräumt und umeinander wissend. Kaum offene Fragen, die Wiederholung schlummert hinter dem Horizont, das Wiedersehen behält seinen Glanz.

Irland
Ob in Kentucky, Pirmasens oder Amsterdam: hört eine Irin oder ein Ire eine heimatliche Melodie, wird es feucht und grün, beseelt und vertraut, sie fühlen Zuhause. Diese Fähigkeit speist sich aus den Untiefen der irischen Geschichte, da man fast überall auf der Welt verteilt lebt. Das Bild der kommunizierenden Wurzelwerke der Pilzkulturen, scheint für diese traditionelle Eigenart ein recht passendes zu sein.

Diese Melodien raffinieren sich über Jahrhunderte aus ihrem alltäglichen Leben, an wärmenden Feuern, in geselligen Runden. Ihr tiefer Grund liegt in der Teilbarkeit der Freude und auch des Leids. Manchmal ist es auch ein sprachloses Fühlen, eine tiefe Berührung, an geborgenen Orten.

Es braucht keine Server und keinen Strom, um mit diesem vertrauten Gefühl in Beziehung zu treten. Es ist die Energie einer gewachsenen Kulturgeschichte, eine bewegende Tradition als Schnittstelle der Generationen, sie drängt uns wohlwollend in die Zukunft.

In einer fragilen Welt brauchen wir unsere regionalen Identitäten, um selbstbewusst über die Tellerränder zu schauen und ein Interesse am Leben der anderen zu entwickeln. Es ist gut, sich auf den Weg zu machen, beweglich zu sein, einander kennen und verstehen zu lernen, wenn man weiß, wo man losgegangen ist.

Neapel
Ende März in Neapel, ein hupender Ameisenhaufen mit wohltuender Rasanz, im stetigen Fluss. Was diese Stadt so unglaublich liebenswert macht, ist seine ansteckende Lebendigkeit, das pralle Hurra und die Begeisterung für das Kleine. Wer keine Angst hat, springt mitten rein, schwimmt mit und Sprache verliert sich in den freudig gestikulierenden Neapolitanern. Ein perfekter Mikroorganismus mit vitaler Präzision und unstillbarer Begeisterung. Die Theken verteilen sich in die kleinsten Ecken und am Wochenende ist Fussball.

Tallinn
Anfang Mai begrüßten wir über 70 junge Festival-Volunteers aus Europa auf der Tallinn Music Week in Estland. Wir sprachen über die Gründe, dass Warum und das Wie von Festivals, ein spannendes Unterfangen und ein enormes Erlebnis. In allen Generationen steckt eine Sehnsucht, eine robustere Energie, als man glauben mag. Macht man ein Festival, um Tickets zu verkaufen oder verkauft man Tickets, um ein Festival zu machen? Mit dieser Frage überfordern sie heute schon eine Menge Leute. Dieser Punkt führte die absurden Verfremdungen dieser Branche zu Tage, die Verdinglichung von Sinnlichkeit, ein wuchernder Markt. Mit Stil, Spaten und der Emanzipation von Erwartung.

Gehen Sehen Summen
„Das Schreiben ist wie das Spazieren, man geht los, sucht nach Worten, Wegen und die Stimmung trägt einen fort. Entdeckungen haben wir nicht selten dem Verlaufen zu verdanken, wenn Überraschendes zueinander fand.

Wenn Rom verblasst, triumphieren Zeit und Raum. Der Moment kleidet sich mit Mantel, Hut und offenem Visier, flaniert berührbar in die Welt.

„Was suchen Sie hier, das ist privat!“. Herr Schmidt ist woanders, stehen geblieben bin ich in seinem Garten. Vom Gehen wollte ich schreiben und wunderbar ist es verlaufen.“

Ob an einer Bushaltestelle im Ostallgäu, einem kleinen Brunnen in Bologna oder im Oktogon zu Düdingen, wer da ist, kann losgehen. Einige Orte und deren gut abgehangene Jugend haben Feuer gefangen. Nach ausreichend Dosenbier und Zigaretten, hat man das Besondere im anderen entdeckt, es geteilt und reifen lassen. Es immer wieder in den Kopf und in die Hand nehmen, weiter gehen und geben, ist unser ureigener Impuls.

All diese Ideen, Kräfte und Sinnlichkeiten sehe ich in dieser künstlerischen Arbeit von Thomas Kühnapfel. Die kraftvolle Mentalität dieser Orte überlebt durch ihre Vielfalt, Unabhängigkeit und Eigenart, eine ästhetische Potenz.

Sehnsucht und Perspektive
Mal alles auf unscharf stellen, der Kontur die Kante rauben und Unvorstellbares betreten. Die Sehnsucht braucht Perspektive, metaphysische Fluchtpunkte, sonst bewegt sich nichts. „Was wir ‚Sinn‘ nennen, wird verschwinden“, sagte Max Horkheimer im Spiegel 1970. Kann man sagen und ein Grund die Flinte mit dem Korn zu tauschen, andere Schuhe zu probieren und dem Selbstverständlichen die Stirn zu bieten. Es ist nicht alles Scheiße, solange man bereit ist, über Zäune zu steigen und Neuland zu betreten. Was mal gut war ist heute mega, alles, was du dir vorstellen kannst, mal hundert und doppelt so viel als besser ist ein bisschen Unsinn.

Die Zukunft ist klein.
Um das alles nachvollziehen zu können, ist es sehr wichtig, dass nicht immer alles richtig war und ist - und dass diese Geschichte immer noch nach dem riecht und schmeckt, was sie schon immer war, ein bunter unterhaltsamer Weg aus dem Unterholz der jugendlichen Provinz in die weite Welt, von dort nach da, bis heute. Jede Überraschung auf diesem Weg ist aufregend, hält uns in Bewegung und rahmt unsere gemeinsame Zeit. Die
Ereignisse werden mit den Jahren folklorisiert, was auch so sein darf, denn dafür ist man gelaufen, hat geträumt und getan. Jedes Scheitern hat sich gütig wieder hintenangestellt, sowie auch jeder Erfolg es tat, ein lebendiger Prozess.

John Fogerty, am 1.12.2023 auf der Loreley, kann das denn sein? Das hängt vom Merch ab, Decken, Mützen und Strickpullover für diese Klientel sind entscheidend. Die Maßstäbe und Gründlichkeit von Konzerten haben sich mit den Jahren verändert, wie gesagt, mache ich ein Festival, um Tickets zu verkaufen oder verkaufe ich Tickets, um ein Festival zu veranstalten. Vor mir stehen nun die 10 Eier, der gute Freund ist gegangen mit dem Hinweis, sie bitte untereinander aufzuteilen.

Stefan Reichmann, Haldern Pop

(Skulpturen: Thomas Kühnapfel / big Animal I & II / Foto: Christoph Buckstegen)