Von der euphorischen Tuba und dem Flaneur
Kaltern Pop 2022
Jetzt sitze ich hier und nicht in den Bergen, denke mich hin und laufe den Rest. Kaltern Pop 2021 war ein Wandern, Wandeln, eine waghalsige Improvisation und ein Mozart Requiem in einem uralten Innenhof aus dem 12 Jahrhundert. Venezianische Architekten mit maurischem Einfluss hinterließen hier einen Ort bezaubernder Schönheit, akustisch wie optisch, kühl und unverdorben. Das war sicherlich ein Moment, wie das alles werden kann. Hier soll das unglaublich Gedachte Wirklichkeit werden, alles mit allem korrespondieren, sich in die Schönheit der Landschaft sortieren, sich klingend verbinden, anregen, ein jeder sich in den Grund und Boden fühlen. Stefan wird wieder sein Klavier stimmen, Theo seine Schänke striegeln, Siggi die Musik in die Schaufenster dirigieren.
Das erinnert mich an einen Zeitzeugenbericht in unserem Heft der Heimatfreunde in Haldern, der Kirmes Anfang der 50er Jahre … diese fleißig gewordene Vorfreude findet jede Ecke und man putzt sich schneller zum Ereignis. Beschauliche Betriebsamkeit. Hornbach gab es noch nicht. Ein Fest war etwas Besonderes und das soll Kaltern Pop auch sein. Aufgeregt, verspielt von ganz klein bis überlaufend, unkontrolliert dosiert mit Pfiff, Pfeffer und einer Handvoll Selbstgemacht.
Es gewinnen Orte an Schärfe, die vergessen mit einer Tuba den Kitt aus den Fenstern fegen, mit gestreichelten Seiten in die Abenddämmerung schwingen und fliegen kann man hier mit einem Grauburgunder und griechischem Wein. Wer sich hier alles über den Weg läuft, lässt sich nur in Bruchteilen erahnen, bunter als gedacht und genau das macht diese drei Tage so aufregend, geschmackvoll und die Koffer voller, als auf dem Hinweg.
Wir bohren uns durch das Massiv dieser Berge und Tradition mit Instrumenten und Appetit, überraschend mutig und mit einer lebensfrohen Euphorie, flanieren weiter und hätten das, was dann passiert, niemals für möglich gehalten, springen rein, weil raus wollten wir ja bereits als wir losfuhren. Dieses berührende Turmspringen an drei Tagen im Oktober erlebt diesen Rausch der Sinne, so vielfältig und vor allem gemeinsam, bitte einsteigen.
Stefan Reichmann, Haldern & Kaltern Pop